Be my forever only

San genehmigte sich einen ruhigen, tiefen Atemzug, bei dem sein Mund geschlossen blieb und seine Brust sanft anschwoll. Ein Teil von ihm wollte lächeln. Wellen der Erleichterung strömten durch seinen Körper, als er sich langsam doch sicher der Tatsache gewahr wurde, dass Woo offenbar genau dieselben verwirrenden Empfindungen plagten, wie ihn. Natürlich. Amicus ad aras, Baby, nichts konnte sie trennen. Wie hatte er je etwas anderes denken können? „Gerade eben, mein ich.“ Die hauchzarte Stimme seines Bandkollegen zerriss ihm fast das Herz. Alles in San wollte nach ihm greifen, ihn in Sicherheit wiegen und nie wieder loslassen—aber das würde das Problem nicht lösen, das vor ihnen auftürmte. Was sollten sie mit diesen Gefühlen anfangen, wenn es ihnen überhaupt gelang, sie zu definieren? Sie waren Freunde. Verflucht gute sogar, und das aufs Spiel zu setzen, wäre verrückt. Wenn sie allerdings beide das Gleiche fühlten, das Gleiche wollten– … San rief sich zur Besinnung, schüttelte gedanklich den Kopf. Aniyo, er stand nicht auf Männer. Hatte sich immer nur zu Frauen hingezogen gefühlt und nie auch nur den geringsten Zweifel an seiner sexuellen Orientierung gehegt, bis ... „Ach, vergiss es.“ … Bis dieser entzückende, menschliche Tornado in sein Leben geplatzt war.

In einem Ansturm von Klarheit ließ San beide Taschen fallen. Trat vor und ignorierte die (sowieso nur zur Ablenkung dienlichen) Worte seines Lieblingsmenschen, wobei er nach dessen Handgelenk griff und ihn wieder zu sich herumwirbelte. Er fing ihn mit seinem Körper auf, wich dabei selbst einen halben Schritt zurück, was einen harten Aufprall verhinderte. Dennoch waren sie sich plötzlich unheimlich nah, ihre Nasenspitzen berührten sich fast und die Zeit verstrich auf einmal sehr langsam. Der gedämpfte Lärm des Straßenverkehrs verstummte, schuf Raum für ihrer beider Atem, während ein starker Arm Wooyoung davon abhielt, erneut auf Distanz zu gehen. „Du willst mich heute unbedingt aus der Fassung bringen, kann das sein?“, schnurrte San warm gegen dessen nahe Haut, wodurch der eingeflochtene Vorwurf kaum ins Gewicht fiel. „Um die Wahrheit zu sagen, Young-ah, könntest du wahrscheinlich jeden um den Finger wickeln.“ Selbst einen ausgewachsenen Berg, was er jedoch zwischen den Zeilen stehen ließ und nicht explizit erwähnte. Dazu wühlten ihn die drohenden Veränderungen noch zu sehr auf, brodelten in seinem Innern und stellten dort alles unwiederbringlich auf den Kopf. Gerade als er spürte, dass ihn wieder einer dieser brandgefährlichen Impulse überkam, die noch Verwirrung bei ihm auslösten, lehnte San sich näher. Platzierte einen langen, liebevollen Kuss auf dem Wangenknochen seines Freundes und hatte eigentlich vor, es dabei zu belassen. Doch sein Körper war stärker als sein zerstreuter Verstand. Angetrieben von etwas, das er im Mangel einer plausibleren Erklärung nur als Liebe einstufen konnte, führte er seine Lippen äußerst langsam weiter nach unten. Hin zu Wooyoungs Mundwinkel, wo er sie kaum spürbar verweilen ließ, während er wisperte: „Genügt dir das vorläufig als Antwort?“

Sian gab sich redlich Mühe, desinteressiert zu wirken, als er die Kleine mit ihrem Handy sprechen hörte. Nicht wirklich verstand, was sie sagte, wohl aber aus ihrem Gesicht herauslesen konnte, dass Irgendwas nicht hundertprozentig passte. Prima, da waren sie schon zu zweit. Hyewoon verkrümelte sich und ließ das ungleiche Pärchen allein in dem großen, offenen Wohnraum stehen. Sah ihr eigentlich nicht ähnlich, ihren Schützling hilflos zurückzulassen und ihn dann auch noch ausgerechnet in seine Obhut zu geben – doch Sian war es leid, sich den Kopf zu zermartern. Wollte im Grunde bloß noch duschen und ins Bett, wusste aber, dass daraus so bald nichts werden würde. „Ich will dich auf keinen Fall von deiner Arbeit abhalten.“ Seufzend gab der Tänzer ein freundliches Zwinkern preis. „Braves Mädchen. Na dann…“ Nochmals zur Treppe gedeutet, ließ er Minji den Vortritt und blieb dann kurz stehen, um ihr ein paar Stufen Vorsprung zu ermöglichen. Er brauchte ihr ja nicht am Hintern zu kleben. „Hm?“ Flüchtig war Sian verwirrt, kapierte dann aber, was sie meinte und kicherte leise. „Ah~. Du weißt aber schon, dass man sich seine Spitznamen nicht selbst aussucht, oder?“ Gemächlich dackelte er ihr hinterher, musste dann plötzlich gähnen und erlag danach dummerweise dem Drang, sich übers Auge zu reiben, was Teile seines Makeups verschmierte. „Mh, tun wir.“ Eine schlichte Antwort auf eine schlichte Frage. Ja, sie lebten hier zusammen—was immer noch um Längen besser war, als eingepfercht im Wohnheim zu hausen.

Oben angekommen, wollte er sich gerade an Minji vorbei schieben, die ihn dann aber nochmal ansprach. Perplex hielt Sian inne, stand direkt vor ihr und erwiderte ihren Blick zum ersten Mal seit dem Tennisball-Vorfall ohne unterschwellige Ablehnung. Verlor sich prompt in ihren geschwungenen Augen und schluckte, bevor er sich verlegen im Nacken kratzte. „Schwamm drüber. Ist ja nicht so, dass die Idee von dir kam. Hyewoon legt großen Wert auf effektives Arbeiten und hat oft ziemlich genaue Vorstellungen von … allem, eigentlich.“ Ein kurzes, luftiges Lachen entwischte seinen Lippen. Relativ zügig schob Sian dann noch ein Räuspern hinterher, nickte in den Korridor und übernahm unter einem „Da lang.“ die Führung. Immer wieder mal vernahm sein feines Gehör Geräusche vom Handy des Mädchens, was ihn natürlich nicht zu interessieren hatte. Dennoch … „Dreht dein Freund durch, weil du hier einziehst?“ Ein Schuss ins Blaue, der ihm allerdings recht plausibel erschien. Ohne sich ihr zuzuwenden, lief Sian weiter voraus und kam dem Gästezimmer am Ende des Flurs immer näher.